Existenzanalyse 2/2011

Zeitschrift ExistenzanalyseSpiritualität als personale oder transpersonale Entwicklung?

Michael von Brück

Spiritualität wird oft als Einübung in transpersonale Praxis interpretiert. Damit wird das Verhältnis zur therapeutischen Praxis prekär, die Ich-Stärke und personale Entwicklung im Blick hat. Um die damit verbundenen Probleme klären zu können, sind erstens die Begriffe und Anschauungen hinsichtlich Ich, Person, spiritueller Realität zu klären, zweitens anthropologische Universalia und kulturelle Spezifika bei der spirituellen bzw. meditativen Praxis zu unterscheiden. Der Vortrag wird einige grundsätzliche Klärungen präsentieren.

Schlüsselwörter: Achtsamkeit, Personal, Spiritualität, Transpersonal

Jenseits interpersonaler Tiefe: Hin zu einem auf Ehrfurcht basierten Paradigma in existentieller Praxis

Kirk J. Schneider

In diesem Vortrag gebe ich einen kurzen Überblick über die Prinzipien der existentiell-integrativen Praxis, konzentriere mich dabei aber auf die Wiederentdeckung von Sinn und Ehrfurcht als Höhepunkt der einzelnen Phasen der Praxis. Durch Fallbeschreibung und Anekdote werde ich zeigen, wie Sinn und Ehrfurcht (oder Demut und das Wunder des Lebens) über Beziehungen zu anderen Menschen oder spezifische Ziele hinausgehen und auf der Beziehung zum Sein selbst, dem kosmischen Bewusstsein des täglichen Lebens, aufbauen.

Schlüsselwörter: Ehrfurcht, Existenziell-humanistische Therapie, Selbst-Erfahrung, Spiritualität, Trauma

Spiritualität – Stellungnahme eines Betroffenen

Rupert Dinhobl

Dieser Vortrag versucht phänomenologisch nachzuzeichnen, was ein Mensch erfährt, der mit Spiritualität in Berührung gekommen ist. Wie wird dadurch der Mensch in seiner Person erfasst? Welche psychischen Bereiche sind davon betroffen? Welche inneren Prozesse werden in Gang gesetzt? Welche Veränderungen sind erkennbar? Diesen Fragen möchte ich anhand meiner eigenen Geschichte auf Grundlage der Personalen Existenzanalyse (PEA) nachgehen.

Schlüsselwörter: Personale Existenzanalyse, Spiritualität, spirituelle Erfahrung

Geist und Existenz
Zur inhärenten Spiritualität der Existenzanalyse

Alfried Längle

Unter dem Begriff „unbewußte Religiosität“ hat V. Frankl eine Religiosität beschrieben, in der Spiritualität durchaus Platz hat. Sein Anliegen war es, mithilfe der Logotherapie unbewußte Religiosität bewußt zu machen und aus der Psychologie heraus die Türe für den Glauben zu öffnen. Die Existenzanalyse geht heute nicht von metaphysischen Ableitungen aus, sondern bezieht sich als phänomenologische Richtung strikt auf das subjektive Erleben. Darin bildet sich Spiritualität sowohl strukturell (GM) als auch prozeßhaft (PEA) ab. Einleitend werden Formen des Erlebens der Geistigkeit (als der Grundlage von Spiritualität) beschrieben und Spiritualität sodann als tiefes Berührtsein durch eine unfaßliche Größe definiert. Es werden Unterschiede zur Religion und praktische Zugänge beschrieben. Der Hauptteil der Arbeit besteht in der Herausarbeitung des Verhältnisses von Immanenz und Transzendenz in den 4 Grundmotivationen (GM) der Existenz, wobei jeweils vom Alltagserleben als Keim der Spiritualität ausgegangen und zur Tiefe vorgestoßen wird. Diese wird im Seinsgrund, im Grundwert, in der Intimität des Personseins und im ontologischen Sinn des Daseins angetroffen und mit den Aktivitäten des Staunens, der Dankbarkeit, der Ehrfurcht vor der Würde der Person und im Glauben zugänglich. Auf der Grundlage des Sich-Transzendierens wird verständlich,daß Spiritualität seelische Gesundheit fördert – ja recht eigentlich als das angesehen werden kann, was letztlich heilt.

Schlüsselwörter: Existenzanalyse, Logotherapie, Geist, Spiritualität, Grundmotivationen

Wachstum aus der Tiefe der Person
Spirituelle Erfahrungen im psychotherapeutischen Prozess

Renate Bukovski

Psychotherapie kann als Befreiung zum eigenen Wesen verstanden werden. Darin spielen oft auch spirituelle Erfahrungen eine für die persönliche Entwicklung anregende und bedeutsame Rolle. Diese Erfahrungen haben einen tiefen Bedeutungsgehalt für die Erlebenden, denn sie berühren sie in der Tiefe ihres personalen Seins. Dies soll anhand von Fallbeispielen aus der existenzanalytischen Psychotherapie aufgezeigt und dabei folgenden Fragen nachgegangen werden: Wann ist im psychotherapeutischen Prozess neben struktureller und prozesshafter Arbeit das Eröffnen spiritueller Räume angezeigt? Wie können spirituelle Räume durch einen phänomenologisch-personalen, imaginativen Zugang eröffnet werden? Was verlangt diese Arbeit von der Therapeutin? Wie können die Tiefenerfahrungen ins Selbst- und Weltbild integriert werden, um zu persönlicher Entwicklung, Steigerung der Lebensqualität und Sinnerfahrung beizutragen? Weiters werden Ziele spiritueller Praktiken jenen psychotherapeutischer Prozesse gegenübergestellt unter der Annahme, dass diese sich ergänzen können aber auch voneinander unterscheiden.

Schlüsselwörter: Psychotherapie, Spiritualität, Spirituelle Erfahrungen

Was kann ich (psychotherapeutisch) tun, damit ich wach bin, wenn „die Sonne aufgeht“?
Existenzanalyse als Erwachen zum Wesentlichen

Markus Angermayr

Ausgehend vom Erleben eines erkenntnistheoretischen Unbehagens beim Thema Spiritualität und den Schwierigkeiten, die sich durch die Übersetzung spiritueller Erfahrungen in Sprache ergeben, soll in diesem Artikel die Bedeutung der spirituellen Dimension für den therapeutischen Prozess herausgearbeitet werden. Dabei ist für den therapeutischen Prozess wichtig, dass es sich beim Spirituellen um ein Erleben handelt – im Gegensatz zu gedachten spirituellen Konzepten – das am eigenen körperleiblichen Fühlen und Spüren verortet wird (Phänomenologie nach innen). Existenzanalytische Psychotherapie verweist auf „etwas“ in uns, das leiblich gespürt wird, ohne schon Worte oder Begriffe dafür zu haben (Personkonzept). Das verweilende Einbeziehen von Körper, Bewegung und Impulsen (primäre Emotion) in den personalen Verarbeitungsprozess unterstützt uns dabei, an dieses innere Wissen (Tiefenperson & Leibgedächtnis) anzuschließen. Eine Fallvignette illustriert, wie spirituelles Erleben das Selbst- und Weltverhältnis berühren kann und die Verarbeitung und Integration des Erfahrenen möglich macht.

Schlüsselwörter: Existenzanalyse, inneres Sprechen, phänomenologische Offenheit, Tiefenperson, Spirituelle Erfahrung, von innen gefühlter Körper

Wege zur Ganzheit
Seelische Integration, transpersonale Transformation und spirituelle Befreiung

Sylvester Walch

Die verschiedenen Ebenen, die eine ganzheitliche Entwicklung des Menschen unterstützen, werden in ihrem Zusammenhang dargestellt: Die Heilung der Seele, die Öffnung des Bewusstseins und die Befreiung des Geistes. Die therapeutische, transpersonale und spirituelle Perspektive sind füreinander offen und ineinander verwoben.

Schlüsselwörter: Ganzheit, Integration, Selbst, Spiritualität, transpersonal

Seelische Gesundheit und Spiritualität
Ein Überblick über empirische und existenzanalytische Ergebnisse

René Hefti

Eine stetig wachsende Zahl von empirischen Untersuchungen zeigt günstige Auswirkungen von Religiosität und Spiritualität auf die seelische Gesundheit. Menschen mit höherem religiösem Engagement haben besseres Wohlbefinden, weniger Depression und Angst und bewältigen kritische
Lebensereignisse besser. In der Existenzanalyse wird Spiritualität als eine immanente, dem Menschen und der Welt innewohnende Dimension verstanden, die sich im Existenzvollzug permanent realisiert. In einer klinischen Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die Existenzskala dementsprechend auch Spiritualität abbildet. Der Einbezug der existentiellen Dimension in die Therapie mobilisiert spirituelle Ressourcen und fördert damit seelische Gesundheit. Darüber hinaus wird die Wirksamkeit religiöser Therapieansätze aufgezeigt und diskutiert. Für die Integration von Religiosität und Spiritualität in die Psychotherapie ergibt sich insgesamt ein Drei-Stufen-Schema.

Schlüsselwörter: Existenzanalyse, Religiosität/Spiritualität, seelische Gesundheit, Drei-Stufen-Modell

Verrückt oder erleuchtet?
Brauchen Menschen mit AgE einen Psychotherapeuten oder sind Ihre Erlebnisse Zeichen einer spirituellen Entwicklung?

Martina Belz

Ausgehend von der Phänomenologie Außergewöhnlicher Erfahrungen (AgE) wird dargelegt, dass sich die Erfahrungselemente von AgE (d.h. paranormaler und teilweise auch spiritueller Erfahrungen) und psychischer Störungen wie sie im DSM IV und ICD-10 gelistet sind, stark überlappen und in gängigen Versorgungssystemen nachvollziehbarer und gleichzeitig ungerechtfertigter Weise in der Regel auch als Indikatoren für psychische Störungen eingeordnet werden. Dies hat erhebliche Implikationen für die Versorgung dieser Menschen, zumal die Betroffenen in Folge der Erfahrungen häufig irritiert sind, diese nicht in ihr Weltbild integrieren können und daher kompetenten Rat und Hilfe suchen. Im Artikel wird auf die Möglichkeiten und Schwierigkeiten bei der Unterscheidung von AgE (wobei zwischen sogenannten paranormalen und spirituellen Erfahrungen unterschieden wird) und Psychopathologie eingegangen. Basis sind Daten von inzwischen nahezu 2000 Menschen, die sich in den letzten zehn Jahren rat- und hilfesuchend an das Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e.V. in Freiburg im Breisgau gewandt haben.

Schlüsselwörter: paranormale Erfahrungen, Psychosen, Spiritualität

Anthropologisches Unbehagen mit der modernen Psychologie
Ein Überblick über empirische und existenzanalytische Ergebnisse

Karel Balcar

Die wissenschaftliche Psychologie hat eine unersetzliche Aufgabe im Erklären der Gesetzmäßigkeiten menschlichen Erlebens und seiner Zusammenhänge in Umwelt, Körper und Handeln. Methodologisch ist sie gut ausgerüstet, um Abhängigkeiten zu entdecken; jedoch Unabhängigkeiten festzustellen ist ihr nicht möglich. Das gilt insbesondere dort, wo Einflüsse zwischen dem Psychischen und dem Körperlichen bzw. Existenziellen bestehen. Psychologische Erklärungen versagen, wenn sie über die Kausalitätsgrenzen hinausgehen, weil sie selbst dann nur Reduktion auf Kausalität sind.Der paradigmatische Zwang zum Deuten existenzieller Phänomene wird an der Neigung zum Pandeterminismus, Panegoismus und (teilweisen) Panskeptizismus aufgezeigt. – Glücklicherweise lassen sich die Psychologen in der Praxis nicht allzu sehr von ihren eigenen theoretischen Prinzipien behindern und gleichen damit die methodologischen Fehlgriffe des theoretischen Psychologismus aus.

Schlüsselwörter: Abhängigkeitshypothese, Determinismus u. Freiheit, Egoismus und Selbsttranszendenz, psychologische Forschungsmethoden, Psychotherapie

Das geistliche Leben trauernder Eltern

Derrick Klaassen, Richard Young, Susan James

Der Tod eines Kindes wird oftmals als ein schwerer, ja traumatischer Verlust im Leben der Angehörigen betrachtet und auch so erlebt. Das Ereignis ist vielfach mit komplexen Trauerprozessen und manchmal auch Folgeschäden für die seelische Gesundheit verbunden, wie posttraumatische Belastungsstörung, Depression und sogar eine erhöhte Sterblichkeitsrate unter den trauernden Eltern. Diese Komplikationen liegen teilweise darin begründet, dass der Tod eines Kindes, besonders wenn er unerwartet und /oder gewaltsam eintritt, gegen viele als selbstverständlich angenommene Einstellungen über das Leben verstößt und die natürliche Ordnung auf den Kopf stellt. Während solcher Zeiten schöpfen trauernde Eltern oft Kraft aus ihrer Spiritualität oder ihrem Glauben, um die Trauer und auch ihr eigenes Dasein zu begründen, und um einen Sinn im Unerklärlichen zu finden. In diesem Vortrag werden, basierend auf den Ergebnissen empirischer Forschung und klinischer Beobachtung, die spirituellen Aspekte trauernder Eltern untersucht. Ihre spirituellen Erfahrungen werden grundsätzlich durch den Eindruck geformt, der durch den Verlust eines Kindes entsteht. Diese Erfahrungen sind multidimensional, schließen Praktiken, Denkweisen und emotionales Erleben ein und formen die fortdauernde Beziehung der Eltern zu den verstorbenen Kindern. Für trauernde Eltern ist Spiritualität keine Flucht vor Leid oder Trauer, sondern kann Hoffnung, Sinn und Gemeinschaft inmitten von Leid ermöglichen. Eine Beziehung zum Göttlichen kann trauernden Eltern auch eine Gelegenheit bieten, ihrer Wut und Bestürzung über den ungerechten Tod ihres Kindes Ausdruck zu verleihen. Im Artikel werden Schlussfolgerungen zur generellen Trauerforschung wie auch das spezielle existenzanalytische Verständnis von Trauer erörtert.

Schlüsselwörter: Elterntrauer, Qualitative Studie, Religiosität, Spiritualität

Connected with the essence – das Wesen berühren
Erfahrungsbericht zum Workshop mit Markus Angermayr und Pari Schneider

Johanna Schallert

In dieser Arbeit wird der Workshop „Connected with the essence, das Wesen berühren“, der im Rahmen des GLE Kongresses 2011 stattfand, aus einer Innenansicht, also aus dem Erleben einer Teilnehmerin, geschildert.
Im zweiten Teil wird der Erlebnisbericht reflektiert und vor allem auf dem Hintergrund der existenzanalytischen Theorie beleuchtet. Der Ansatz, sich über Körpererfahrung dem Thema Spiritualität-Intimität zu nähern, zeigt sich als ein guter Weg, da er unmittelbar ist und nicht über das Denken stattfindet.

Schlüsselwörter: Annahme, Begegnung, Dialog, Körperwahrnehmung, Vertrauen, Verkörperung

ZEN-Meditation als Weg ganzheitlicher Spiritualität

Gerhard M. Walch

Die gegenstandsfreie Meditation des Sitzens in der Stille (ZAZEN) ist die unmittelbarste Übung des Sich-Aussetzens der augenblicklichen „Wirk“-lichkeit. Sie berücksichtigt und integriert leibliche, seelische und geistige Prozesse: „Die Haltung, den Atem und das Herz in Ordnung bringen“ (ZEN-Meister Yamada Bunryo Roshi). ZEN fördert die Entwicklung von Achtsamkeit und die Einheitserfahrung (SATORI, KENSHO) mit sich, mit allen fühlenden Wesen, mit der Natur sowie von innerer und äußererWirklichkeit. Obwohl dieser Übungsweg aus dem ZEN-Buddhismus stammt, kann er als Weg ganzheitlicher spiritueller Erfahrung in allen Religionen und Weltanschauungen befruchtend und vertiefend integriert werden: „Die Stille ist die größte Offenbarung“ (Laotse).Im ZEN üben wir uns in Gelassenheit, Achtsamkeit und Absichtslosigkeit, um diese wesentlichen Daseins-Qualitäten auch in unserem Alltag fruchtbar werden zu lassen. Nach einer Darstellung der geschichtlichen Herkunft der ZEN-Meditation und von möglichen Sinn-Bezügen werden konkrete praktische Hinweise für die konkrete Sitzhaltung im ZAZEN gegeben und die ZEN-Meditation als Weg ganzheitlicher Spiritualität verdeutlicht.

Schlüsselwörter: Geschichte, Praxis und Ganzheitlichkeit der ZEN-Meditation, Sinn

Umgang mit Religiosität und Spiritualität aus existenzanalytischer Sicht

Michael Utsch

Aus psychologischer Sicht ist umstritten, was sich hinter dem modischen Konzept „Spiritualität“ verbirgt. Im ersten Teil des Aufsatzes werden zwei verschiedene Konzeptionen davon vorgestellt. Weiterhin werden Unterscheidungen zwischen Religiosität und Spiritualität getroffen. Für ein existenzanalytisches Verständnis und Vorgehen ist es wichtig, sich das eigene Spiritualitäts-Verständnis klarzumachen und bei Bedarf mitzuteilen. Sonst drohen Missverständnisse und Vereinnahmungen.

Schlüsselwörter: anthropologische Spiritualität, religiöse Spiritualität, Religiosität

„Wenn Himmel und Erde sich berühren…“
Spiritualität in der Begleitung von Menschen mit Demenz

Geertje-Froken Bolle

Wenn Himmel und Erde sich berühren – da klingt hindurch, was in unserem Alltag zugleich unseren Alltag übersteigt. Was ist Spiritualität – Spiritual Care – spirituelle Sehnsucht – die spirituelle Dimension? In der Praxis der Begleitung von Menschen mit Demenz wird das im Konkreten beschrieben, was es heißt, in die Tiefe zu spüren, den unverstellten Bildern der Seele zu begegnen. Dabei werden das spirituelle Bewegtsein im Menschen entlang der Grundmotivationen durchbuchstabiert und Zugänge in der Begleitung von Menschen mit Demenz beschrieben.

Schlüsselwörter: Spiritualität

Im endlichen Leben endlich leben!
Ein Versuch zum Verhältnis von Existenzanalyse und Religion

Werner Eichinger

Frankls religiöse Begründung von Grundbegriffen der Existenzanalyse/Logotherapie machte sie immer wieder verdächtig. Deshalb waren die verschiedenen Versuche, diese klarer von religiösen Vorstellungen abzugrenzen, notwendig. Aber dabei wurde die anthropologische Wende in Teilen der neueren Theologie nicht zur Kenntnis genommen. Dass theologisches Denken seinen Ort nicht einfach „hinter“ oder „über“ dem der Existenzanalyse hat, soll hier am Beispiel des „ewigen Lebens“ gezeigt werden. Da berühren sich Existenzanalyse und Theologie – und die Frage nach ihrem Verhältnis stellt sich neu.

Schlüsselwörter: „ewiges Leben“, Existenzanalyse, Religion, Theologie

Herzensangelegenheiten – zur Spiritualität des Herzens

Thomas Schukai

Das Herz, nach jüdisch-christlicher Tradition die Mitte des Menschen, meint den Menschen in seiner Offenheit. Es ist der Ort nicht nur der Gefühle, sondern auch des inneren Gebetes und der Gotteserfahrung. Die christliche Spiritualität erhält von dieser Verortung her ihre Eigenart. Es stellt sich aber auch die Frage, was es therapeutisch und spirituell bedeutet, wenn der Mensch den Zugang zu seinem Herzen verliert.

Schlüsselwörter: christliche Spiritualität, Mystik

Die Botschaft von der Freiheit in der Bibel

Wiebke Dankowski

Der seit einigen Jahrzehnten auch im profanen Bereich gern und dabei sehr schillernd gebrauchte Begriff der „Spiritualität“ hat seinen Ursprung jedoch in der christlichen Theologie und verweist dabei auf das, was dem Heiligen Geist gemäß ist. Biblische Aussagen qualifizieren diesen Geist als den, der lebendig macht im Gegensatz zum tötenden Buchstaben des Gesetzes, oder identifizieren ihn sogar mit der Freiheit schlechthin. Die Evangelien wiederum zeigen Jesus in vielen Situationen, wo er Menschen auf die Gaben dieses Geistes anspricht und in die Entscheidung ruft: zu einem Leben in Freiheit und gegen die Angst. Dieser Vortrag will an ausgewählten biblischen Abschnitten aufzeigen, wie Jesus ad personam et ad situationem in die Freiheit ruft und mit dem jeweiligen Gebunden-Sein konfrontiert, also mit der Angst in ihren vielfältigen Erscheinungsformen. Leitmotiv ist dabei der jesuanische Appell, sehend zu werden, anstatt blind zu bleiben, mithin die innere Abwehr zu überwinden.

Schlüsselwörter: Freiheit, Geist, Neues Sein, Spiritualität

Beseelte Führungskräfte
Spiritualität und Management

Irene Kloimüller, Beate Riedler

Spiritualität und Management: Können sie miteinander verbunden werden?Wofür tritt spirituelle Führung ein? Kann Spiritualität beschrieben werden und so sichtbar gemacht werden? Kann sie, außerhalb eines religiösen Kontextes, vermittelt werden? Im Workshop „Beseelte Führungskräfte“ reflektierten wir diese Fragestellungen mit den TeilnehmerInnen und fanden spannende Impulse und Antworten.

Schlüsselwörter: Ethik und Führung, spirituelle Intelligenz, Spiritualität und Management

Das Auffinden einer authentischen Stimme unter den Dialekten der inneren Polyphonie

Elena Ukolova

In den Situationen des Zweifelns beim Treffen einer Entscheidung kann eine Polyphonie der inneren Stimmen entstehen, wobei jede davon den Menschen zum Treffen einer konkreten Wahl motiviert und oft sogar die angebotene Variante begründet. Im Vortrag werden zwei Schritte der Methodik erörtert, die dabei helfen, eine authentische Haltung zu finden. Als erster Schritt wird die Verbalisierung der inneren Stimmen mit dem besonderen Akzent auf den Nuancen ihrer Intonation vorgeschlagen. Es werden die Intonationen der Stimme des Gewissens, die unter den Dialekten der inneren Polyphonie zu unterscheiden sind, erörtert. Als zweiten Schritt schlägt man der Person vor zu versuchen, den Grad der Nähe jeder einzelnen Stimme zum tiefen Ich zu spüren und einzuschätzen. Es werden Beispiele der Anwendung der oben erwähnten Schritte in der Beratung und im Alltag angeführt.

Schlüsselwörter: Gewissen, innere Stimme, Wertelehre

Die Dreifaltigkeit
Eine Betrachtung der geistigen Dimension des Menschen in der Existenzanalyse im Lichte des personalen Bezugs

Vladimir Shumskiy

Wenn man von L. Feuerbachs These ausgeht, dass Gott eine Projektion der Potentialität des Menschen sei, dann könnte man auch die geistige Realität des Menschen als eine Dreifaltigkeit sehen: das handelnde und entscheidende Ich entspräche dem Sohn; die Tiefenperson dem Vater (beinhaltend das Gewissen, die kreativen Impulse, die Fähigkeit zur Liebe, die phänomenologische Wahrnehmung, die höheren Emotionen); und schließlich kann der Geist als einigende Kraft angesehen werden, dank derer Sohn und Vater im Menschen miteinander sprechen. Die Dreifaltigkeit wurde im westlichen und östlichen Christentum unterschiedlich gedeutet. Im östlichen ist Gottvater allein der Ursprung des Heiligen Geistes. Das westliche Christentum sieht hingegen den Ursprung, des Heiligen Geistes auch im Sohn Gottes. Daraus lässt sich ein charakteristisches Merkmal der russischen Mentalität ableiten, das sich in der Passivität und der Unterwürfigkeit gegenüber Autoritäten zeigt.

Schlüsselwörter: Dreifaltigkeit, geistige Dimension, Person, Religion

Phänomenologische Methode in humanistischer und existentieller Psychotherapie

Evstigneeva Ekaterina

Diese Arbeit vergleicht die Theoriebildung der Phänomenologie fünf existentiell-humanistischer Psychotherapierichtungen (Gestalt Therapie, Personenzentrierte Therapie, Focusing Therapie, Britische Schule der Existenzanalyse, Österreichische Schule der Existenzanalyse und Logotherapie). Aufgrund der Philosophie Heideggers, Husserls und Mamardashvilis werden Kernkriterien der phänomenologischen Methode bestimmt. Die vergleichende Inhaltsanalyse zeigt, dass diese Kernkriterien unabhängig von der Psychotherapierichtung Bestand haben.

Schlüsselwörter: vergleichende Inhaltsanalyse, Existenzanalyse, existentielle Psychotherapie, Phänomenologie-Theorie, Philosophie

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