Existenzanalyse 1/2024

Ausgabe 1/2024

Weiterbildung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie

ANDREA KUNERT & BIRGIT ADENBECK

Im ersten Teil des Artikels wird ein Einblick in die Arbeit von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen gegeben, mit besonderem Blick auf die therapeutische Haltung, mit welcher Kindern, Jugendlichen und deren Bezugssystem in der therapeutischen Praxis begegnet wird. Im zweiten Teil folgt eine Darstellung der Entstehungsgeschichte der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie in Österreich. 

Schlüsselwörter: Haltung, Kinder, Jugendliche, Entstehungsgeschichte

VON FRANKL ZU LÄNGLE:
BRUCH UND/ODER KONTINUITÄT?
Destruktion oder Dekonstruktion?

PASCAL LE VAOU

Das Ziel dieses kurzen Textes, ursprünglich in französisch für ein französisch-sprachiges Publikum verfasst, besteht darin zu zeigen, warum die Existenzanalyse nach Längle als eine Erweiterung der klassischen Logotherapie Frankls aufgefasst werden kann, die die notwendigen Anpassungen gemacht hat, die ein säkularer Ansatz der Psychotherapie erfordert. Das theoretische Konzept dieser neuen Existenzanalyse schafft einen Ausweg aus den Engpässen (Aporien), in die eine zu enge Überlappung zwischen dem traditionellen, religiös inspirierten metaphysischen Diskurs Frankls und der psychotherapeutischen Praxis heute führt. In diesem Sinne sind die seinerzeit von Frankl geschaffenen Entwicklungen (Selbstdistanzierung, De-Reflexion, Trotzkraft des Geistes, Bedeutung der Sinnfrage usw.) für den Kliniker durchaus relevant und können umso leichter in den weiteren Rahmen der Psychotherapie übernommen werden, da sie dann nicht mehr an eine dualistische Sichtweise angebunden sind. Die spirituelle Dimension wird hier als Emergenz der mentalen Funktionen verstanden.

Schlüsselwörter: Logotherapie, Existenzanalyse, Frankl, Phänomenologie, Religion

DIE FRAGE DER LAIENPSYCHOTHERAPIE
IN DER LOGOTHERAPIE UND EXISTENZANALYSE
Ein historischer Rückblick

MAXIMILIAN GENOW

Viktor Frankls Standpunkt zur Laienpsychotherapie stimmte in der unmittelbaren Nachkriegszeit vorerst eindeutig mit dem damaligen Ärztegesetz überein: Psychotherapie sollte ausnahmslos durch Ärzt:innen praktiziert werden. Allerdings umfasst der Indikationsbereich in Frankls Neurosenlehre auch die Behandlung von paraklinischen Phänomenen zur Prophylaxe von neurotischen Erkrankungen, womit er an dieser Stelle eine Ausübung von Logotherapie durch Laien befürwortet hatte. Tatsächlich war auch schon die erste Generation Frankls lehrender Schüler:innen zu einem Großteil Nicht-Ärzt:innen. Frankl hat dennoch über eine lange Zeit hinweg mehr Interesse an einer Förderung der psychotherapeutischen Medizin in Österreich gezeigt als an einer Institutionalisierung seiner Methode, geschweige denn an einer Anpassung ihresgleichen an die Richtlinien des damals neu in Kraft getretenen Psychotherapiegesetzes. Erst die Initiative seiner Schüler:innen führte zur Gründung der GLE in Österreich, aus der Frankl 1991 austrat und daraufhin das VFI und das ABILE gründete. Die gesetzliche Festlegung der Zugangs- und Ausbildungsrichtlinien in Österreich durch die Quellenberufe gilt auch für die Logotherapie und Existenzanalyse offiziell nun seit rund 30 Jahren.

Schlüsselwörter: Laienpsychotherapie, Geschichte der Logotherapie, Institutionalisierung, Ärztegesetz, Psychotherapiegesetz

WDIE ANGST DER MÄNNER VOR DER PSYCHOTHERAPIE UND DIE ANGST DER EXISTENZANALYSE VOR DER GESCHLECHTLICHKEIT

JOHANNES JURKA

Diese Arbeit untersucht das Thema Männlichkeit in der existenzanalytischen Psychotherapie. Es wird gezeigt, dass Gender im Allgemeinen und Männlichkeit im Speziellen eine zentrale Bedeutung in der psychotherapeutischen Praxis haben, bisher jedoch in der existenzanalytischen Forschung und Ausbildung kaum thematisiert wurden. Während die Person als geschlechtlos verstanden werden kann, unterliegen Frauen und Männer auf allen vier personal-existentiellen Grundmotivationen signifikant unterschiedlichen Bedingungen. Weiters wird argumentiert, dass eine traditionell normative männliche Sozialisierung zu einer Verschüttung der Emotionalität von Männern führen kann, was sich existenzanalytisch als Copingreaktion auf der zweiten Grundmotivation verstehen lässt. Es wird gezeigt, dass die Existenzanalyse aufgrund ihrer phänomenologischen Ausrichtung und ihrem Fokus auf die Potentialität des Menschen dazu prädestiniert ist, Männer dabei zu unterstützen, ihr ganz eigenes spezifisches Mann-Sein zu leben. Abschließend werden einige Empfehlungen für die existenzanalytische Ausbildung formuliert, um das Thema Gender besser zu integrieren.

Stichwörter: Geschlecht, Gender, Männer, Männlichkeit, Existenzphilosophie, Sexualität, Grundmotivationen, Copingreaktionen

25 JAHRE SUCHE NACH SINN
Die Logotherapeutische Lebensberatungsstelle in Berlin

RALF MÜLLER

Susanne Jaeger-Gerlach und Günter Funke haben gemeinsam die Logotherapeutische Lebensberatungsstelle in Berlin gegründet. Anlässlich von 25 Jahren beraterischer Praxis stellt der Beitrag die beiden Gründer, ihre Motivation, die Beratungsstelle zu gründen, und den Arbeitsalltag der Beratungsstelle vor. Es wird dabei deutlich gemacht, wie wichtig es dem Team der ersten Stunde gewesen ist, die in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten in Existenzanalyse und Logotherapie für den Bereich von Beratung und Begleitung durch Ehrenamt der Stadtgesellschaft zur Verfügung zu stellen.

Schlüsselwörter: Lebensberatung, Begleitung, Ehrenamt, Stadtgesellschaft

HILFE, WIR KOMMEN NICHT MEHR WEITER!
Ein Projekt am Abgrund

STEFAN WEISSMANN

Die meisten Projekte laufen nicht so ab, wie geplant und erwartet. Situationen, die von großem Druck einerseits und zunehmend unklaren Bedingungen andererseits gekennzeichnet sind, werden immer häufiger. In diesen Situationen stellen Ängste oft ein zusätzliches Hindernis dar, wenn es darum geht, fundierte und tragfähige Entscheidungen zu treffen.
Ausgehend von einem konkreten Projekt aus der IT wird im Artikel beispielhaft gezeigt, wie in scheinbar ausweglosen Situationen in Projekten mit existenzanalytischem Verständnis trotz aller Schwierigkeiten ein Weg zurück zu einem sinnvollen Handeln gefunden werden kann.
Besonderes Augenmerk wird neben den existenzanalytischen Aspekten auch auf den Vertrag gelegt, der als Ausdruck des gemeinsamen Wollens verstanden wird.

Schlüsselwörter: Angst, Teamarbeit, Vertrag, gemeinsames Wollen, histrionisches Coping

SEI DOCH KEIN ANGSTHASE!
KINDERÄNGSTE WAHR- UND ERNSTNEHMEN
Aus der Praxis für die Praxis

DANIELA KLINGLER

In diesem Artikel wird aufgezeigt, wie Eltern und pädagogische Fachkräfte Kinder bezüglich ihrer Ängste unterstützen und ihnen helfen können. Bezugnehmend auf die erste Grundmotivation nach Alfried Längle brauchen Kinder Halt, Raum und Schutz, um ihre Ängste zuversichtlich, mutig und neugierig zu verstehen und sich ihnen zu stellen. Das Betrachten und Vorlesen von Bilderbüchern bietet eine hervorragende Möglichkeit, Kindern dabei zu helfen, mit ihren Ängsten umzugehen.

Schlüsselwörter: Kinderängste, Bewältigungsstrategien, Bilderbücher

WENN ALLES ZERBRICHT
Die Kraft der Berührung in der Angsttherapie

URSULA ZELZER-LENZ

Angst ist Teil unsers Lebens, oft Wegweiser für mögliche Entwicklungen. Was hilft, wenn die Brüchigkeit des Lebens alles in Frage stellt, es einem den Boden unter den Füßen wegzieht? Wenn Erschütterungen uns heimsuchen? Wenn wir innerlich erzittern, erstarren, den Atem anhalten? Das physische, psychische und existenzielle Erleben steht in unmittelbarem Zusammenhang mit unserem Körper. Mit kurzen Bezügen zu relevanten Aspekten der existenzanalytischen Theorie, zur existenzanalytischen Traumatherapie und der existenzanalytischen Psychosomatik sowie dem Existenziellen Grounding werden die Bedeutung und Wirkung der Berührung und deren Anwendung in der Angsttherapie beleuchtet.

Schlüsselwörter: Angst, Zerbrechen, Berührung, Körper, Atem

MEANING AND THE SEARCH ACTIVITY –
RELATIONSHIP, ANALYSIS AND PERSPECTIVES

PETER INDURSKY

Der Artikel stellt die Suche nach dem Sinn (des Lebens, der Liebe, Kreativität, Arbeit, des Leids, und der Würde) und die Suchaktivität (SA) als voneinander unabhängige Konzepte vor. SA wird als eine Form des Verhaltens, welches sich sowohl in Tieren als auch auf viel komplexerer Art im Menschen manifestiert, dargestellt. Ebenso bespricht der Artikel das Verhältnis zwischen Sinn und SA in den evolutionären Etappen der menschlichen Entwicklung. Das Vorhandensein eines Links zwischen personalem Sinn und SA wird als motivationale Komponente postuliert, ebenso der freie Wille in deren Manifestation. Eine Typologie des Verhaltens im Lichte des Verhältnisses zwischen SA und Sinn und die Etappen der Entwicklung von personalem Sinn und SA werden besprochen. Es wird vorgeschlagen, dass die SA ein Faktor im Übergang von Sinn zu neuem Sinn darstellt: Auf diese Weise wird die Idee eines idealen sinnerfüllten Lebens vorgebracht. Die Forschung legt es nahe, dass die Träume mit der Wiederherstellung der SA in Zusammenhang stehen. Abschließend stellt der Artikel die Studie des Verhältnisses zwischen Sinn und SA in Aussicht, und die Verwendung der Logotherapy und SA in psychotherapeutischer Praxis wird erörtert.
Schlüsselwörter: Logotherapy, Suchaktivität, Sinn, Schlaf, Traum

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