Existenzanalyse 1/2015

Zeitschrift ExistenzanalyseEXISTENTIELLE VERHANDLUNGSPRAXIS
Die Grundmotivationen als Struktur für den Verhandlunsprozess

ELENA AMBARNOVA

Eingangs werden die im Artikeltitel benutzten Grundbegriffe kurz dargelegt. Weiters wird eine allgemeine Charakteristik der inneren Zustimmung in der Verhandlung beschrieben. Die Verhandlungsphasen werden durch das Prisma der Methode der Suche nach der inneren Zustimmung betrachtet. Es sind auch die Methoden der Existenzanalyse aufgeführt, die bei der Verhandlungsvorbereitung und –durchführung angewendet werden können. Es werden die erforderlichen Bedingungen für das Finden der inneren Zustimmung, u.a. in den Organisationssystemen, vorgestellt.

Schlüsselwörter: Existenzanalyse, existentielle Grundmotivationen, innere Zustimmung, Verhandlung, juristische Praxis

BURNOUT-PRÄVENTION FÜR ELTERN
Ein existenzanalytischer Ansatz anhand empirischer Ergebnisse

IRINA EFIMOVA

Dem Phänomen des Burnouts bei Erwachsenen begegnet man nicht nur im Berufsleben, sondern ebenso in der Betreuung der eigenen Kinder. Es wurden 32 Elternteile, die unter Burnout leiden, anhand des Eltern-Burnout-Fragebogens untersucht und die Ergebnisse existenzanalytisch erhellt, indem sie mit der Existenzskala (ESK) und dem Test zur Existentiellen Motivation (TEM) korreliert wurden, um den Zusammenhang zwischen der Intensität des Burnouts und dem existentiellen Sinn bzw. der existenziellen Erfüllung aufzuzeigen. Weiters wurde eine Untersuchung durchgeführt, in der mit den Burnout-belasteten Eltern dieser Untersuchung ein strukturiertes Gespräch über die Testergebnisse geführt wurde. – Auf der Basis dieser Ergebnisse bietet sich eine Vorgangsweise für die individuelle Beratung von Burnout-PatientInnen an, die sich aus den Fragen des TEM ableitet. Es werden Beispiele solcher Gespräche vorgestellt.

Schlüsselwörter: Burnout, existentielle Erfüllung, Sinn, Eltern-Burnout-Fragebogen (EBF), Existenzskala (ESK), Test zur existentiellen Motivation (TEM)

JEDER MENSCH BRAUCHT EINEN ANDEREN …
Personale Deprivation und die Folgen für die Entwicklung der Persönlichkeit (1. Teil)

ALEXANDER BARANNIKOV

Der Artikel stellt einen Versuch dar, den bereits bekannten Begriff “Deprivation” im Rahmen der modernen Existenzanalyse anhand der geistig-personalen Dimension des Menschen mit neuem Inhalt zu füllen. Dafür wird der Begriff „personale Deprivation“ vorgeschlagen. Es werden in Falldarstellungen die akute, traumatische Form und die weniger traumatische, länger dauernde, die deprivierenden Einwirkungen allmählich speichernde Form beschrieben.

Schlüsselwörter: Spiritualität, personale Deprivation, Entwicklung der Persönlichkeit, psychisches Trauma, Existenzanalyse.

WAS BRINGT DAS ALTER?
Leiden und Reifen als existentielle Herausforderung

ALFRIED LÄNGLE

Unter den zahlreichen Problemen, die mit dem Altern verbunden sind, sind auch spezifische existentielle Themen ausfindig zu machen. Sie tragen erheblich zum Leiden am Alter bei.

Altern wird vor allem als ein progredienter Kompetenzverlust auf somatischer, psychischer und sozialer Ebene verstanden, der zu wachsender Hilfsbedürftigkeit führt. Damit verändert sich die Weise des In-der-Welt-Seins im Alter und fordert ein neues Selbst- und Weltverständnis. Gelingt es nicht, entsprechende Einstellungen zu entwickeln, entstehen psychische Störungen. Dabei führen die Erfahrung der Begrenztheit zu hysterischen Reaktionen, das Leiden an der Vergänglichkeit zu Depressionen und der Haltverlust, der den unaufhaltsamen Kompetenzverlust begleitet, zu Ängsten. Die noch verbleibende Lebenszeit stellt den Menschen vor die existentielle Sinnfrage; und der Versuch, das Leben zu überblicken, vor die Frage nach dem ontologischen Sinn.

Als hauptsächlicher Gewinn des Alterns wird die Reife herausgestrichen. Sie wird verstanden als ausgewogenes Maß an Teilhabe und Zurücknahme in einem aktiven Lassen. Als größter Gewinn des Alters wird die Erschließung der inneren Welt und das sich bei sich selber Einrichten diskutiert. Damit wäre Altern auf eine Verdichtung des Lebens in Richtung auf mehr Sein angelegt.

Schlüsselwörter: Alter, Reife, Sein, Lebenssinn, Existenzanalyse

VON DER KUNST, ERWACHSEN ZU SEIN
Impulse für die Persönlichkeitsreifung

CHRISTOPH KOLBE

Erwachsen zu sein hat sowohl mit dem Lebensalter als auch mit der Reife eines Menschen zu tun, die dieser im Laufe seines Lebens erwirbt. Diese Reife zeigt sich in der Fähigkeit, Selbstverantwortung für das eigene Leben und dessen Herausforderungen zu übernehmen. Neben den Schwierigkeiten und Charakteristika des Erwachsenseins werden die wesentlichen Aufgaben beschrieben, die hinsichtlich der Übernahme von Selbstverantwortung zu bewältigen sind. Und es werden Auswirkungen einer erwachsenen Lebenshaltung aufgezeigt, die sich in der Fähigkeit zeigt, aus einer Haltung des Gebens zu leben, ohne sich selbst dabei zu übergehen.

Schlüsselwörter: Erwachsensein, Reife, Authentizität, Persönlichkeit

ENDLICH LEBEN
Vom Zauber des Anfangens und der Kunst des Lassens

ANTON NINDL

Gegenwärtig-Sein lässt uns eine erfüllte Zeit erleben und wie von unsichtbarer Hand geführt, gehen wir gleichsam auf das Gewesene zu. So weben wir Faden für Faden an der kunstvollen Struktur unserer Biographie. Wie Kinder im Spiel genießen wir die Gegenwart, weder Vergangenheit noch Zukunft kümmern uns. Und doch: Früh schon im Leben erinnert uns der Tod der Anderen an das Nicht-Sein-Können, können uns in der Folge die vielen Gesichter der Angst vor der Bodenlosigkeit erstarren lassen, erleben wir uns nach der Trennung von Geliebtem hilflos verlassen oder leiden an einer schmerzhaften Beschämung in isolierter Einsamkeit. Da zeigt sich uns die Mühsal des Lebens im drohenden Scheitern. Um das auszuhalten braucht es ein Einlassen auf die Bedrohung oder die verletzende Verlassenheit, ein Loslassen von Projektionen ans Leben. Letztlich geht es bereits hier um ein Lassen, das von uns erst recht angesichts der abgründigen Gewissheit des Todes, dieser tiefen Kränkung des Menschen, verlangt wird. Die Endlichkeit des Lebens erinnert uns im Grunde an die Dringlichkeit des Lebens, mahnt uns gleichsam endlich zu leben und lässt uns durch die Realisierung von Wertvollem Sinn erleben. In dieser Haltung kann es uns gelingen neben aller Begrenzung eine tragende Gewissheit zu erfahren, die uns mutig und voller Vertrauen auf das Leben in all seinen Erscheinungsweisen zugehen lässt. Anregungen aus Kunst, Poesie und Philosophie sowie Erfahrungen aus der Psychotherapie illustrieren in dem Beitrag1 diese Gedanken und machen eine existentielle Sichtweise sichtbar.

Keywords: Achtsamkeit, Endlichkeit, Tod, Gelassenheit, Existenzanalyse, Sinn

GUTES BEWIRKEN
Ein gerontopsychiatrisches Pflege- und Betreuungskonzept

HELMUT DORRA

Mit dem Konzept Verstehender Pflege und Betreuung werden zentrale Themen der Existenzanalyse für die stationäre Altenarbeit entfaltet, die einen würdigen und therapeutisch wirksamen Umgang mit alten und psychiatrisch erkrankten Menschen begründen.

Im Horizont einer humanistisch fundierten Anthropologie und einer am Wesen des Menschen orientierten ganzheitlichen Sicht ist ein hermeneutisches Bemühen maßgeblich, das menschliche Erlebens- und Verhaltensweisen aus ihren Beweggründen zu verstehen sucht.

Der Einzelne in seiner Einmaligkeit und Individualität, mit seinen je eigenen Lebensweisen und Gewohnheiten, seinem subjektiven Erleben und Erleiden steht im Mittelpunkt der Beachtung, nicht vorrangig klinische Diagnosen oder funktionale Defizite, die ihn als „Pflegefall“ definieren.

Verstehende Pflege und Betreuung möchte darum zu einer präventiven und rehabilitativen Beziehungs- und Milieugestaltung beitragen, bei der sowohl die Lebenswelt wie auch die Biografie alter Menschen Berücksichtigung findet.

Schlüsselwörter: Biografie, Einfühlung, hermeneutische Haltung, Lebenswelt, Milieugestaltung, Person, Verstehen

DIE BEHANDLUNG ÄLTERER MENSCHEN:
EIN ERFAHRUNGSBERICHT

ERIKA LUGINBÜHL

Das Älterwerden ist belastet durch einen Verlust von Fähigkeiten und Kraft im physischen, psychischen und sozialen Bereich (Längle 1994). Die Auseinandersetzung mit diesen Verlusten bedeutet eine grosse Herausforderung, die einerseits zu Wachstum und Reife, andererseits zu Überforderung und dadurch zu psychischem Leiden führen kann. Der folgende Artikel geht der Frage nach, welche Probleme ältere Menschen veranlassen, sich in psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung zu begeben und wie die Behandlungsverläufe existenzanalytisch zu beurteilen sind.

Schlüsselwörter: Alter, geistige Dimension (Frankl), Ressourcen

WAS IST SCHÖN AM ALTER?

EVA LIESMANN

Altern wird heute großteils in Verbindung gebracht mit Begriffen wie Verlust, Hoffnungslosigkeit und Rückzug. Den Fokus der Aufmerksamkeit auf eine eventuell auch schöne Seite des Alterns zu legen, könnte uns ein Stück weit weg von diesem Mainstream bringen und uns eine phänomenologisch offenere Sicht auf diese Lebensphase erlauben. Im folgenden Artikel verfolge ich diese Spur und lasse alternde Menschen auf die Frage nach den schönen Seiten des Alters antworten.

Schlüsselwörter: Alter, Werte erleben, positive Aspekte

DIE TAGESSTRUKTURIERENDE MORGENGRUPPE
Vorstellung und existenzanalytische Fundierung eines innovativen sozialpsychiatrischen Gruppenkonzeptes1

C. TOBIAS JAHN

Ein Gruppenkonzept, das in der ambulanten psychiatrischen Arbeit aufgrund zunehmender Anfragen depressiver Patienten nach Unterstützung beim Start in den Tag entstanden ist, soll auf seine Wirksamkeit und deren mögliche existenzielle Fundierung hin überprüft werden. Nach der Vorstellung der Konzeption soll ein erster Blick auf den aktuellen, eher biologisch orientierten Stand der Forschung zum Thema Sport und depressive Symptomatik gelegt werden. Danach wird eine Patientenbefragung zur subjektiv empfundenen Wirksamkeit sowie deren Ergebnisse dargestellt und diskutiert. Im letzten Schritt erfolgt schließlich ein Transfer der beobachteten Phänomene in das Strukturmodell der Existenzanalyse nach Alfried Längle.

Schlüsselwörter: Sport, Depression, Tagesstruktur, Morgentief, Existenzielle Grundmotivationen

RESSOURCENORIENTIERTES ARBEITEN MIT AN DEMENZ ERKRANKTEN PATIENTINNEN UND IHREN ANGEHÖRIGEN

EVA RICHTER

Auf Grund der verbesserten Medizintechnik verlängert sich die Lebenserwartung im 21. Jahrhundert. Diese demographische Verschiebung führt zu einer größeren Anzahl von Demenzerkrankungen in unserer Gesellschaft. Neben den PatientInnen werden oftmals auch nahe Angehörige durch diese Krankheit sehr gefordert. Dieser Artikel möchte einen Überblick über die wichtigsten Symptome, Risikofaktoren und Behandlungsansätze bei Demenzerkrankungen (wenn nicht explizit erwähnt, wird auf die Alzheimer-Demenz referenziert, die häufigste Krankheit im dementen Formenkreis), unter Berücksichtigung von Psychotherapie und Beratung geben. Am Schluss erfolgt eine Reflexion zum Thema.

Schlüsselwörter: Demenz, therapeutisches Arbeiten, Ressourcenorientierung

EXISTENZANALYSE IN PENSIONISTEN- UND PFLEGEHEIMEN –
Was die Existenzanalyse dem Pflegepersonal und den Bewohnerinnen und Bewohnern in Alters- und Pflegeheimen bieten kann

LÁSZLÓ KOVÁCS

Existenzanalytische BeraterInnen und TherapeutInnen sind schon seit geraumer Zeit in Pensionisten- und Pflegeheimen tätig. In erster Linie sind sie in beraterischem oder therapeutischem Kontakt mit den BewohnerInnen. Die Existenzanalyse könnte in diesem Bereich in der Prävention weitere wichtige Anleitungen für das Pflegepersonal geben um durch Kenntnis der existenzanalytischen Theorie und vor allem durch Selbsterfahrung die eigenen Bedürfnisse besser wahrzunehmen. Dieser Lernprozess könnte das Pflegepersonal dazu befähigen, als „existenzanalytische MultiplikatorInnen“ tätig zu werden und dadurch den BewohnerInnen ein wertfühlendes, möglichst selbstgestaltetes und menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Nach Präzisierung des Konzeptes und nach Evaluierungen könnte – wenn sinnvoll – ein existenzanalytisches Pflegekonzept entstehen.

Schlüsselwörter: Pflegekonzept, Prävention, existenzanalytische Pflegeinduktion, Grundmotivationen, Pflegepersonal, BewohnerInnen

BESONDERHEITEN LOGOTHERAPEUTISCHER BEGLEITUNG UND EXISTENZANALYTISCHER BERATUNG VON BEWOHNERINNEN IM ALTENHEIM

SILVIA TEUWSEN

Dieser Artikel beschäftigt sich mit Chancen und Grenzen von existenzanalytischer Beratung und logotherapeutischer Begleitung von alten Menschen. Er beleuchtet die Fragen, in wie weit existenzanalytische Beratung im Alter eine geeignete Hilfe oder (noch) sinnvoll ist.

Schlüsselwörter: Alter, Auswirkung des Alters, Grundmotivationen, Altenheim

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